Kurz vor der Jahrtausendwende gab es Vorstöße im Bundesrat, das Strafgesetzbuch zu ändern, und die Gemeinnützige Arbeit, die bisher nur als Mittel um eine drohende Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden zum Einsatz kam, zu einer eigenständigen strafrechtlichen Sanktion „aufzuwerten“. Die Befürworter einer solchen Regelung wollten im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität neben die bisherigen Hauptsanktionen Geld- und Freiheitsstrafe eine neue Sanktionsform stellen, die es dem Gericht ermöglichen sollte, differenzierter und stärker auf die Persönlichkeit des Täters ausgerichtet zu strafen.

Nach eingehender Diskussion und unter Abwägung der Argumente lehnten die KAGS, der Deutsche Caritasverband und die Bundeskonferenz der Katholischen Gefängnisseelsorge in einem gemeinsam verfassten Positionspapier die Einführung der gemeinnützigen Arbeit als selbständige Sanktion ab.

Maßgeblich für die Ablehnung der gemeinnützigen Arbeit als Hauptstrafe waren verfassungsrechtliche Probleme (Art. 12 GG, Verbot von Zwangsarbeit). Ebenfalls spricht die positive gesellschaftliche, soziale und sozialpsychologische Bedeutung von Arbeit gegen eine Funktionalisierung als Strafe: Aktivität, die mit Arbeit verbunden ist, vermittelt Fähigkeiten und Kenntnisse und erzeugt ein Gefühl von Handlungskompetenz. Sie strukturiert den Tages-, Wochen- und Jahresablauf. Die meisten beruflichen Aufgaben können nur in Zusammenarbeit mit anderen Menschen ausgeführt werden; daher bildet Arbeit eine wichtige Grundlage für die Entwicklung kooperativer Kompetenz und stellt ein wesentliches soziales Kontaktfeld dar. Durch die eigene Leistung erfahren Arbeitende soziale Anerkennung und entwickeln persönliche Identität und Selbstwertgefühl. Diese positiven Funktionen von Arbeit fänden sich in einer mit einem Unwerturteil verbundenen Arbeitsstrafe nicht mehr.

Arbeit ist zudem aus christlicher Sicht unmittelbarer Ausdruck von Menschenwürde. Durch Arbeit im katholisch-sozialen Verständnis kann ein Mensch zur Entfaltung und Erfüllung seiner Person kommen. Strafe aber hat einen völlig anderen Charakter: Sie ist eine beabsichtigte Übelzufügung als Reaktion auf missbilligtes Verhalten. Arbeit als Strafe ist eine Übelzufügung und widerspricht dem christlich-ethischen Verständnis des positiven Charakters von Arbeit.

Gerade wegen der vielen positiven Funktionen der Arbeit unterstützen die Verbände jedoch alle Bemühungen, die vom Grundgedanken „Arbeit statt Strafe“ ausgehen. Insbesondere befürworten sie alle Maßnahmen, die auf ein entbürokratisiertes Verfahren der Ableistung gemeinnütziger Arbeit anstatt einer Ersatzfreiheitstrafe zielen, um die schädigenden und desintegrierenden Wirkungen einer Inhaftierung zu vermeiden. Allerdings werden die bestehenden Möglichkeiten der gemeinnützigen Arbeit zur Abwendung von Ersatzfreiheitsstrafen aus unterschiedlichen Gründen (immer noch) zu wenig genutzt. Es fehlen bspw. nach wie vor Vermittlungsstellen, die die oft erheblich problembelastete Klientel in geeignete Stellen vermitteln und den Einsatz kompetent begleiten. Diese Probleme sollten zuerst gezielt angegangen werden.

Positionspapier: Gemeinnützige Arbeit als Sanktion. Arbeit statt Strafe oder Arbeit als Strafe?

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