Das Thema Jugendkriminalität ist vielschichtig. Weder Dramatisierung noch Bagatellisierung werden dem Phänomen Jugendkriminalität gerecht. Strafrechtlich relevantes Verhalten tritt bei jungen Menschen gehäuft auf. Es betrifft einerseits sehr viele Jugendliche („ubiquitär“), ist aber anderseits in der Mehrzahl ein vorübergehendes Phänomen („episodenhaft“). Häufig sind die von Jugendlichen oder Heranwachsenden begangenen Delikte von geringerer Schwere, etwa Eigentumsdelikte und in geringerem Umfang auch einfache Körperverletzungen . Dies kann in allen westlichen Ländern seit der Einführung von Kriminalstatistiken beobachtet werden. Eine Erklärung besteht darin, dass sich Jugendliche und Heranwachsende in einem biologischen, psychischen und sozialen Stadium des Übergangs befinden, das typischerweise mit Spannungen, Unsicherheiten und Anpassungsschwierigkeiten verbunden ist.
Abschreckung (negative Individualprävention ) durch härtere Strafen funktioniert gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden nicht . Vielmehr gibt es empirische Belege dafür, dass einer erneuten Straffälligkeit durch nichtförmliche und ambulante Maßnahmen wirksamer vorgebeugt werden kann, als durch stationäre Sanktionen wie Jugendarrest und Jugendstrafe. Die KAGS hat sich daher in der Vergangenheit gegen eine Verschärfung des Jugendstrafrechts ausgesprochen, insbesondere gegen:

• die generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts für alle volljährigen Täter,
• die Heraufsetzung des Strafrahmens von 10 auf 15 Jahren,
• und die Einführung des Warnschussarrestes.

Außerdem hat sie sich intensiv mit dem Jugendstrafvollzug, seinen lange Zeit unzureichenden gesetzlichen Grundlagen, sowie mit möglichen besseren Alternativen beschäftigt: Schon in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war vom Bundestag eine Kommission eingesetzt worden, die ein Jugendstrafvollzugsgesetz erarbeiten sollte. Man behalf sich bis dahin mit dem Rückgriff auf Einzelregelungen zum Jugendstrafvollzug aus dem Jugendgerichtsgesetz und dem Strafvollzugsgesetz für Erwachsene, sowie ergänzenden Verwaltungsvorschriften.
Daher wurde ein diesbezüglicher Gesetzentwurf des Bundes im Jahr 2004 von der KAGS in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der EKS, den Kirchen und der Evangelischen und Katholischen Gefängnisseelsorge sehr begrüßt. Als positiv hoben die Verbände die darin vorgeschriebene Zusammenarbeit der Jugendstrafanstalten mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen hervor, und dass die Personensorgeberechtigten der Gefangenen und die zuständigen Jugendämter in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einbezogen werden sollten. Ebenfalls begrüßt wurde, dass der Entwurf den Gefangenen eine verlässliche Förderkonzeption garantierte, auf deren Gestaltung sie Einfluss und auf deren Umsetzung sie einen rechtlichen Anspruch haben sollten. Geschlechtsspezifische Unterschiede der Gefangenen sollten bei der Planung und Gestaltung des Vollzugs ebenfalls umfassend berücksichtigt werden. Leider sollten zahlreiche Entscheidungen, die den Vollzug betreffen, insbesondere im Bereich des offenen Vollzugs, der Vollzugslockerung und des Urlaubs ins Ermessen der zuständigen Verantwortlichen der Anstalten gestellt werden. Letztlich führte auch dieser Entwurf nicht zu einem verabschiedeten Gesetz.

Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Jugendstrafvollzuges (GJVollz) 

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